Oberbürgermeister Dantz zum Impfzentrum in Kamenz

Was ist, wenn vielleicht doch der (jeweils) andere recht hat …

Lieber Bürgerinnen und Bürger,

ich habe mich in den letzten Wochen mit Äußerungen zur Corona-Situation zurückgehalten. Es werden ohnehin Tag für Tag Unmengen von Papier dazu beschrieben. Allerdings habe ich mir schon immer Gedanken darüber gemacht, wie wir es hinbekommen können, dass die unterschiedlichsten Sichten, die es zur Pandemie gibt, in die Wahrnehmung geraten.

Ich teile die Ansicht – und habe die auch im Sommer schon vertreten –, dass der Blick auf die Infektionszahlen das eine ist, vielmehr jedoch die Frage entscheidend unser Leben bestimmt, ob Corona-Patienten u.a. in kritischen Zuständen in ausreichendem Maße versorgt werden können. Aus den Gesprächen mit Vertretern unserer Kliniken weiß ich, wie sich die Situation im Landkreis, in der Oberlausitz zugespitzt hat. Und deshalb geht es jetzt meiner Meinung nicht darum, wer glaubt, Recht zu haben, sondern es geht meiner Ansicht nach darum, dass wir vernünftig mit eigenem Verhalten die notwendigen Maßnahmen unterstützen.

Das Impfzentrum für den Landkreis entsteht in Kamenz - Es handelt sich nicht um ein Impfpflichtzentrum

Ich bin wenige Tage zuvor vom Beigeordneten des Landkreises Udo Witschas darüber informiert worden, dass eine solche Entscheidung notwendig ist. Und nachdem es in der Stadt Bautzen offensichtlich nicht gelang, für die Einrichtung eines Impfzentrums in der Sporthalle am Schützenplatz eine Lösung zu finden (Diese Immobilie befindet sich im Eigentum der Stadt Bautzen.), ist es für unseren Stadtrat, nachdem ich ihn gestern darüber informierte, auch klar, dass der Landkreis auf die eigene Immobilie an der Macherstraße, auf die 3-Feld-Sporthalle, zurückgreifen musste. Das Impfzentrum wird vom Deutschen Roten Kreuz eingerichtet. Natürlich ist von der Entscheidung für den Standort Kamenz in der Folge auch die Durchführung des Schul- und auch des Vereinssportes betroffen. Dies ist den Entscheidern auch bewusst, aber letztendlich gibt es zu dieser Lösung derzeit offensichtlich keine Alternative. Geht es nicht vielleicht zuerst darum, dass wir denjenigen, die den Impfschutz wollen und auch brauchen, schnellstmöglich das Angebot unterbreiten?

Sicher wird sich für den einen oder anderen die Frage aufdrängen, dass bei der Einrichtung des Impfzentrums in Bautzen Bautzner Schülerinnen und Schüler und Vereine betroffen wären. Jetzt geht es aber „nur“ um Kamenzer Schülerinnen und Schüler und des Umlandes?

Mancher wird sich vielleicht fragen, sind die einen mehr und die anderen weniger wert? Da kann sich jeder seine eigene Meinung bilden.

Aber in dieser Zeit geht es doch wohl zuerst um die Frage, dass wir denjenigen, den Schwächsten in unserer Gesellschaft – das sind in dem Fall insbesondere die älteren Menschen –, dass wir denjenigen den größtmöglichen Schutz anbieten.

Meines Wissens gibt es keine Impfpflicht. Was heißt das für uns? Die Frage, ob man eine Impfung für sinnvoll oder weniger sinnvoll hält, macht sich nicht an der Einrichtung eines Impfzentrums fest. Denn es handelt sich um eine zentrale Einrichtung für den gesamten Landkreis Bautzen, um überhaupt die Möglichkeit der Impfung unterbreiten zu können.

Die Corona-Zeit fordert uns alle.

Es ist leider so, dass auch Kamenzer Familien schon die gesamte Dramatik, die gesamte Härte der Corona-Pandemie mit schweren Erkrankungen von Angehörigen bis hin zum Verlust erleben mussten. Es geht mir auch nicht darum, die Dinge zu dramatisieren, aber die Entwicklung ist da und es wird jetzt auch darum gehen, dass wir neben der Schließung von Geschäften wenigstens den anderen Teil der Wirtschaft am laufen halten.

Es ist schon eine extreme Härte für Inhaber von Läden, für den Einzelhandel, für Dienstleister und es liegt ein Stück weit mit an uns, dass wir die Wirtschaftsbereiche in Gang halten, wo es vom Grunde her auch geht, sollten wir es unbedingt tun. Über die Frage, wie wir dies wirtschaftlich stemmen können, wird zu Recht geredet. Auch die medizinischen Leistungen, die Betreuung in Pflegeheimen, auch das Kurzarbeitergelt müssen in irgendeiner Weise finanziert werden.

Dass hier politische Fragestellungen entstanden sind, die im Übrigen nicht neu sind, z.B. dass Gewinne von Amazon und Google in Deutschland auch ordentlich besteuert werden sollten, ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, genauso wie die im Moment wichtige Frage, dass es in kürzester Zeit Wissenschaftlern gelungen ist, einen Impfstoff zur Corona-Bekämpfung zu entwickeln. Das ist die eine Seite. Wir gehen alle davon aus, dass die Prüfung und Beurteilung verantwortungsbewusst erfolgt. Aber welche Langzeitfolgen sich im Einzelfall einstellen können – und ich betone im Einzelfall –, das zu wissen, ist gegenwärtig unmöglich. Um so mehr ist es bedeutsam, dass für die Akzeptanz des Angebotes klare gesetzliche Grenzen gesetzt werden, um auszuschließen, dass Menschen, die sich nicht impfen lassen, in irgendeiner Weise bei der Ausübung ihrer Alltagstätigkeiten oder beruflichen Tätigkeiten diskriminiert werden. Hier ist die Bundesregierung, hier ist der Bundestag gefordert klare an den Grundsätzen der Menschenwürde und an den Grundrechten bemessene Regelungen zu schaffen, sofern die bestehenden nicht ausreichen.

Respekt und Achtung vor den Leistungen im medizinischen Bereich

Die Beschäftigten, die Pflegerinnen und Pfleger, das medizinische Personal, die Rettungssanitäterinnen und -sanitäter leisten seit Wochen das Menschenmögliche, um zu helfen. Das ist ein nicht hoch genug zu schätzender Dienst an der Gemeinschaft. Denn letztendlich sind es jene, die sich persönlich in einem hohen Maße auch dem Infektionsrisiko aussetzen müssen.

Ich bitte Sie, liebe Bürgerinnen und Bürger, dass wir so wie bisher zusammenhalten. Das heißt nicht, dass wir immer in jedem Detail einer Meinung sein müssen, aber wir haben immer die Möglichkeit, mit Achtung und Vernunft gemeinsam Lösungen zu suchen. Und so war es mir ein Bedürfnis, unserem Stadtrat in der gestrigen Beratung dafür zu danken, dass die Damen und Herren Stadträte stellvertretend für Sie – gerade in diesem schwierigen Jahr – ihrer Pflicht und Verantwortung im besten Sinne des Wortes nachgekommen sind.

Liebe Bürgerinnen und Bürger,

das Weihnachtsfest und auch der Jahreswechsel geraten immer mehr in Reichwerte. Das diese Höhepunkte im Jahr 2020 unter einen anderen Blickwinkel geraten, wissen und spüren wir alle. Und gerade weil dies so ist, liegt es mir auch am Herzen, Ihnen für die kommenden Feiertage das Beste und alles Gute zu wünschen. Mit dem Ausblick auf geruhsame Weihnachtsfeiertage und ein besseres 2021

grüße ich Sie von ganzem Herzen

 

Ihr

Roland Dantz

Oberbürgermeister der Lessingstadt Kamenz

18.12.2020

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