Moderne und Tradition - Innovationsschub in Kamenz
„Kompetenzzentrum autonomes und elektrisches Fliegen“ in Kamenz gegründet
Am Donnerstag, dem 24. September 2020 wurde auf dem Verkehrslandeplatz (VLP) Kamenz das „Kompetenzzentrum autonomes und elektrisches Fliegen“ in Anwesenheit zahlreicher Gäste gegründet. Dabei war der Verkehrslandeplatz nicht nur ein symbolischer Gründungsort, vielmehr soll er in Zukunft eine zentrale Rolle für das Kompetenzzentrum spielen.
Eröffnet wurde die Gründungveranstaltung von Peter Pfeifer, einem der Hauptprotagonisten für das Zustandekommen des Kompetenzzentrums, des eindringlich darauf hinwies, welche Chance sich hier für einen Technologiestandort Kamenz auf diesem Gebiet böte. Moderiert wurde die Veranstaltung, bei der sich Akteure aus den verschiedensten Gebieten vorstellten, von Prof. Dr. nec. Hubertus Domschke von der Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg. Als erster ergriff der FDP-Bundestagsabgeordnete Torsten Herbst das Wort, der hervorhob, dass es ein Zeichen der Zeit sei, solch ein Vorhaben zu starten, der er viel Glück und Erfolg wünsche. Ihm folgte der Oberbürgermeister der Stadt Kamenz, Roland Dantz, der kurz zur Geschichte des VLP referierte und dabei besonders die letzten 30 Jahre hervorhob, wo es gemeinsam mit dem Landkreis Kamenz, später Bautzen, mit Mut und Durchhaltekraft gelungen sei, den VLP zu erhalten. Er, so Dantz, erwarte von dieser Unternehmung einen Forschungs- und Innovationsschub für Kamenz. Dann wurde es etwas technischer.
So führte Dr. Holger Althues vom Fraunhofer IWS Dresden aus, dass die Batterietechnik für elektrische Flüge bzw. die Weiterentwicklung in diese Richtung sei, wobei es um die Erhöhung der Energieausnutzung bei gleichem Gewicht der Batterien geht, wofür es verschieden Ansätze gibt. In diese Richtung gingen auch die Ausführungen von Professor Dr. Johannes Markmiller von der TU Dresden, der dort eine Professur für Luftfahrzeugtechnik innehat. Er konstatierte, dass die Luftfahrt noch zu sehr auf herkömmliche Antriebstechniken (mit Kerosin) stütze und sich mit Ansätzen innovativer Antriebstechnik schwertue. Zurzeit gäbe es hauptsächliche Anwendungen für kleinere Luftfahrzeuge. Insgesamt befände sich die Entwicklungsüberlegungen für große Luftfahrttechnik noch in den „Kinderschuhen“.
Für die Meshmerize GmbH – lt. Eigenaussage entwickelt sie Kommunikationstechnologien, die die Art, wie Autos, Drohnen und Industrieroboter sich vernetzen, revolutionieren wird – sprach Konstatin Dienel und merkte an, dass in der Drohnenentwicklung eine riesige Chance liege für einen Bereich, der in den nächsten Jahren Wachstumspotenzial von ca. 40 Prozent aufweise. Im nachfolgenden Redebeitrag stellte Robert-Steve Schmoll von der TU Dresden - 5G Lab Germany fest, dass gerade das als Netzwerk geplante Kompetenzzentrum entscheidend sei („Es kommt mehr auf die Kompetenz des Netzwerkes an als auf die Kompetenz des Einzelnen.“), dass sowohl Forschung als auch und Praxis (VLP Kamenz) örtlich sehr nahe liegen, was in Kamenz potenziell gegeben sei und Vorteile für die industrienahe Forschung bietet.
Andreas Watteroth, CEO der Complete Aviation Consulting, kann sich bei einem erfolgreichen Voranschreiten des Projekts durchaus den Sitz oder zumindest eine Zweigniederlassung in Kamenz vorstellen. Seine Firm hat Erfahrungen auf dem Gebiet der technischen Dienstleistungen (Montage, Wartung, Reparaturen und Betrieb) und arbeitet für Kunden aus der Luftfahrtindustrie in und an nationalen und internationalen Projekten. Die CampusGenius GmbH ist ein Unternehmen, dass sich auf die Errichtung und Betrieb von 5G Campusnetzwerken spezialisiert hat. Für sie sprach CEO Thomas Höschele und führte aus, dass gerade zur drahtlosen Steuerung von Drohnen, aber auch Robotern und Fahrzeugen die 5G-Technologie interessant sei, weswegen die Mitwirkung an dem geplanten und heutigen gegründeten Kompetenzzentrum für seine Firma ein richtiger Schritt sei.
In der nachfolgenden Diskussion sicherte auch Udo Witschas, anwesend als 1. Beigeordneter und den Landrat vertretend, die Unterstützung des Landkreises für dieses Vorhaben zu, nicht nur im Sinne von Konsultation, sondern als tatkräftige Hilfe für ein Innovationsvorhabens. Ausgehend von seinen Eingangsworten ging Oberbürgermeister Dantz dann noch einmal auf die so genannten weichen Standortfaktoren ein, wie z.B. die Verkehrsinfrastruktur (Halbstundentakt der Bahnverbindung Dresden-Kamenz) oder auch Wohn- und Lebensmöglichkeiten in Kamenz. In diesem Zusammenhang verwies Professor Dr. Markmiller auch darauf, dass mit dem Gelingen eines solchen Kompetenzzentrum, es einen interessanten Ansatz gibt, Absolventen in der Region zu halten.
Angesprochen von der Presse skizierte Peter Pfeifer die nächsten Entwicklungsschritte: Es soll ein neuer Hangar (ca. 100m²) gebaut werden, in dem sowohl Forschung stattfindet, Fluggeräte gebaut und untergebracht werden. Der Tower – neben seiner notwendigen Funktion für den VLP – soll zu einem Innovationstower mit Räumen für Bildung und Forschung ausgebaut werden. Er sieht für Kamenz einen Vorsprung durch ideale Bedingungen hinsichtlich Forschung, Bildung und Praxis. Ziel sei es, ein „Reallabor“ zu schaffen, was durch Hangar, Flugfeld und Seminarräume potenziell gegeben ist. Finanziert werden soll das Ganze durch privates Geld, aber auch staatliche Fördergelder. Diese sollen dabei helfen, dass schon 2021 das Reallabor mit 5G-Technik „steht“. Und Professor Dr. Markmiller resümierte, dass es nicht um Wunschdenken gehe, sondern Ende 2021 eine positive Bilanz vorliegen müsste bzw. muss. Dies voraussetzend, war die Gründung des „Kompetenzzentrum autonomes und elektrisches Fliegen“ ein ermutigender Auftakt – sowohl für die Macher als auch für Kamenz.
Das „Kompetenzzentrums autonomes und elektrisches Fliegen“
Dieses bündelte zukünftig die Kompetenzen zu den Themen elektrische und hybride Antriebe mit den Schwerpunkten Batterie- und Wasserstofftechnik, sowie Schwarmanwendungen, Datenübertragung / Datensicherheit und autonome Navigation mittels künstlicher Intelligenz. Im Fokus stehen ganzheitliche Ansätze unter Beachtung ökonomischer, ökologischer wie auch gesellschaftlicher Nachhaltigkeit. Beteiligt an der Initiative zur Gründung des Netzwerks sind Fraunhofer Institute, Universitäten, Unternehmen verschiedenster Branchen, die Stadt Kamenz sowie Partner in Thüringen, Brandenburg, Frankreich, Polen und der Tschechischen Republik.
Das sich im Aufbau befindliche Reallabor in Kamenz ermöglicht mit den sehr guten Rahmenbedingungen Feldversuche und umfangreiche Tests mit elektrisch betriebenen Fluggeräten, wie zum Beispiel gewerblichen Drohnen und folgend Flugtaxis. Die Netzwerkarbeit im Kompetenzzentrum koordiniert die „AEF gGmbH“ als gemeinnützige Gesellschaft mit den Zielen der Stärkung der regionalen Wirtschaft und Etablierung von neuen Industriezweigen als unterstützendes Element im geplanten Strukturwandel der Region. Das Engagement der Initiative gilt neben der gemeinsamen Teilnahme an nationalen und internationalen Messen wie der Technologiemesse „AVITECTA Lausitz“ auch der Gewinnung von Berufsnachwuchs sowie der Öffentlichkeitsarbeit zur Erhöhung der Akzeptanz in der Bevölkerung. Geschäftsführer ist Thomas Ernstberger
Das Kompetenzzentrum als Netzwerk hat sich folgenden Ziele gesetzt:
- Intensiver Netzwerkausbau mit weiteren Mitgliedern
- Unterstützung bei der Gründung weiterer Start-Ups und Firmen
- Initiierung von Projekten auf Landes- Bundes- und europäischer Ebene
- Erhöhung der Akzeptanz von unbemannten Fluggeräten in der Bevölkerung
- Planung und Aufbau eines Reallabors / Testzentrums auf dem Flugplatz in Kamenz
- Erarbeitung von Vorschlägen zur zukünftigen Regulierung und Normung unbemannter und elektrifizierter Fluggeräte
- Zusammenführung von unterschiedlichen Branchen zum Ausbau der Kreislaufwirtschaft in der bemannten und unbemannten Luftfahrt
Modellprojekte unserer Partner:
- neuartige Batterietechnologie im Feldversuch in Drohnen
- Elektrifizierung der Antriebe von bestehenden und neuartigen Fluggeräten mittels Wasserstofftechnologie
- Design, Auslegung und Realisierung von Vertiport Projekten für Flugtaxis
- Schaffung von regulativen Rahmenbedingungen für BVLOS Flügen (außerhalb der Sichtweite) in der Region
- Test an autonomen Fluggeräten unter Nutzung der 5G Technologie auf dem VLP Kamenz
- Tests zu Schwarmanwendungen im Reallabor
16.10.2020 - 05.11.2020