Was zu tun ist - Zur Debattenkultur

Für mich ist es wichtig, dass wir mit Respekt und auch achtsam miteinander umgehen. Um es vorweg zu nehmen, zunächst ist jeder, der mir gegenübersteht, ein Mensch und von daher rede ich mit jedem. Aus dieser Überlegung heraus lehne ich es ab, dass ich mir auch nur ansatzweise von anderen, egal von wem auch immer, Weltanschauungsjacken überstreifen lasse, die jene tragen. Dies gilt übrigens für diejenigen, die aus ihrer Sicht meine Bereitschaft zum Dialog kritisieren, genauso wie gegenüber jenen, die z. B. extremistische Anschauungen nach außen zeigen oder mit unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung nichts am Hut haben.

Ich spreche zu den Menschen aus einer Grundüberlegung heraus. Ich stelle mir die Frage, wie wir miteinander leben wollen und so war es mir am Montag, dem 7. Februar u.a. wichtig, deutlich zu machen, dass in einer Demokratie von denen, die beauftragt sind, politische Macht auszuüben, auch hingehört wird. Denn nur so ist auch die Haltung z.B. der sächsischen Landräte und auch so sind die Entwicklungen der letzten Tage hinsichtlich einer Corona-Impfpflicht meiner Meinung nach zu verstehen.

Um es auch ganz unmissverständlich zu sagen, ich habe an beiden Montagen Menschen getroffen und ihnen in die Augen geschaut, die sich um unsere Demokratie Gedanken machen und bereit sind, für ihre Haltung einzutreten und dies ist nicht nur legitim, sondern das ist deren gutes verbrieftes Recht.

Es ist ausgesprochen schwierig, wenn jenen oder auch mir vorgeworfen wird, antidemokratisch zu handeln. Woher nehmen jene, die das behaupten, ihre für sie so unverrückbaren Gewissheiten?

Ich will dazu mit einem Gedanken von Peter Ustinov antworten. Dieser damals alte Mann mit einem feinsinnigen Humor, der übrigens ein Weltbürger des alten Europas war, der meinte einst meiner Erinnerung nach: Ihm sei es lieber, wenn er Menschen begegnet, die ihm wie laufende Fragezeichen daherkommen. Dies sei angenehmer als wenn, ihm permanent beinahe im Gleichschritt laufende Ausrufezeichen begegnen.

Wenn Abneigung auf Abneigung trifft, entsteht keine Zuneigung

Also kurzum, ein wenig mehr Zweifel an den eigenen Anschauungen würde unserer Gemeinschaft insgesamt guttun.

Kultivierter Zweifel ist mir sympathisch. Von lautstarken Gewissheiten und dem Festhalten an Wegen, die jetzt schon sichtbar in eine Sackgasse führen, haben viele die Nase voll. Von daher freue ich mich, dass zumindest derzeit das Ende der Corona-Pandemie sehr sichtbar wird. Ja es wäre ein mutiger Schritt der Bundesregierung und der Landesregierung, einen Freedom-Day zu proklamieren.

Mit der Einführung des Infektionsschutzgesetzes und der daraus notwendigen Sanktionierung von Verstößen, die auch in einer Situation höchster Gefahr zur Umsetzung von Spielregeln grundsätzlich gehören, gab es ein verständliches Erfordernis. Aus diesem Gesetz heraus ist aber jetzt eine für viele Menschen unerträgliche Situation entstanden, ein Klima der Denunziation, des Meldens von Verstößen – behauptete oder tatsächliche – und es wäre für unsere Gemeinschaft für die Frage, wie wir miteinander leben wollen ein Befreiungsschlag, wenn mit Ausrufen des Endes der Pandemie und mit dem Aufheben aller Restriktionen auch eine Art Amnestiegedanke in dieser Weise zur Umsetzung kommt. Dies könnte zu einem gemeinschaftlichen Neustart in unserer Gesellschaft beitragen.

Brücken bauen statt Gräben vertiefen

Am Ende der letzten Stadtratsberatung wurde sichtbar, mit welchem z.T. verletzenden auch in ihrer Wirkung bedrohenden „Botschaften“ einige Stadträte konfrontiert werden.

Wir können uns gemeinsam zusammenschließen, jene die ungerechtfertigter Weise mit Nazis gleichgesetzt wurden – in der Vergangenheit oder immer noch werden – oder zu Demokratiefeinden erklärt werden und jene, denen ein menschenverachtender Hass entgegenschlägt. Denn eines vereint sie alle, die ich hier anspreche. Es sind unsere Mitmenschen. Es könnte dein Bruder, deine Tochter, dein Verwandter usw. sein und von daher brauchen wir ein kluges Handeln aller Verantwortungsträger und nicht nur der. Jeder ist gefragt.

Es ist übrigens einfach, beinahe völlig konfliktfrei, wenn einer oder eine immer die sogenannte andere Seite, die sie sieht, kritisiert oder attackiert. Man ist ja unter sich und ist sich einig mit den vermeintlich „Gleichgesinnten“ Viel schwieriger ist es, die „eigenen“ Leute, die einem nahe stehen, für den Fall, dass diese Grenzen überschreiten, zu kritisieren und sich gegebenenfalls auch gegen sie zu stellen.

Roland Dantz

Oberbürgermeister

 

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