Corona und Krankenhaus? Weil es uns alle betrifft!

Unlängst wurde in der Presse darüber informiert, dass unser Krankenhaus „St. Johannes“ durch den Malteser Orden an die Gesellschaft für Gesundheit und Versorgung Sachsen GmbH (GGS) überraschend veräußert wurde.

Ich verstehe die Verwunderung und dass da auch eine ganze Reihe von Fragen, insbesondere in der Bevölkerung, entstanden sind. Hatte doch der bisherige Träger, die Malteser gGmbH, noch Ende Oktober 2020 (SZ-Online vom 20.10.2020) verlauten lassen, dass der Verkauf vom Tisch sei – „Für die beiden Standorte in Kamenz und Görlitz haben wir nun den Verkaufsprozess gestoppt.“

Über die Köpfe hinweg – nach Gutsherrenart

Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie, wo in besonderer Weise sichtbar wird, wie wichtig eine gut funktionierende Krankenhauslandschaft ist, wirft die Veräußerung selbstverständlich Fragen auf. Natürlich ist es erst einmal auf den ersten Blick die Entscheidung eines Eigentümers – ihm gehört die Einrichtung – über einen Verkauf zu entscheiden. Reicht dieser Blick alleine aus? Wenn ohne Rückkopplung mit dem Land, mit der Region und mit der Stadt Kamenz vollendete Tatsachen geschaffen werden, da muss sich keiner über zerstörtes Vertrauen beklagen. Andererseits kann es durchaus zielführend und vorteilhaft sein, wenn der neue Eigentümer, die Gesellschaft für Gesundheit und Versorgung Sachsen GmbH, die Möglichkeit hat, im gewissen Sinne in Ruhe eine solche Einrichtung zu übernehmen. Natürlich stellt sich die Frage, warum denn verkauft werden musste. Eine Binse ist, dass wenn sich Einrichtungen tragen, wenn sie auskömmlich finanziert sind, ein Verkauf aus wirtschaftlicher Sicht wohl eher nicht in Frage kommt. Und hier ist festzustellen, dass nach wie vor Fragen der Krankenhausfinanzierung im ländlichen Raum eben nicht oder nur sehr unzureichend geklärt sind. Ist es nicht die Aufgabe der Bundesregierung und der Landesregierung aus der Corona-Erfahrung heraus für eine ausreichende nachhaltig gesicherte und patientennahe medizinische Versorgung zu sorgen?

Wir haben kein Problem mit den hohen Inzidenzwerten. Wir haben in erster Linie Schwierigkeiten, ausreichend Intensivbetten und Personal bereitzustellen. Und dass dies so ist, hängt u. a. mit einem falschen Anreizsystem zusammen. Da sind unter der Verantwortung der Bundesregierung (Krankenhausstrukturfonds-Verordnung-KHSFV vom 17.12.2015) diejenigen mit Prämien belohnt worden, die Intensivbetten abgebaut hatten. Laut Sächsischer Zeitung (Online) vom 26.11.2021 wurden im Freistaat vergangenes Jahr 1.000 neue Intensivplätze geschaffen, die aber z.T. nicht genutzt werden können, weil das dazugehörige medizinische Personal fehlt und die Ausbildung von fachkundigen Personal Zeit kostet.

Was hat dies mit dem Verkauf des Krankenhauses in Kamenz zu tun?

Schlicht und ergreifend steckt dahinter die Erkenntnis, dass der Kamenzer Krankenhausstandort für Menschen in der Stadt und in der Region unverzichtbar ist. Dies haben wir gemeinsam im Kamenzer Stadtrat immer geschlossen vertreten. Ich bin sehr dankbar, dass es möglich war, dass wir unmittelbar nach Bekanntgabe des Verkaufs mit der Geschäftsführung der GGS zusammenkommen konnten. Und natürlich wünschen wir dem neuen Eigentümer vor allem im Interesse der Menschen der Region Erfolg. Aber wir fordern auch gleichermaßen, dass sich die Vertreterinnen und Vertreter der Landespolitik weiterhin für die Entwicklung und vor allem Erhaltung der medizinischen Versorgung im ländlichen Raum stark machen. Und dass eine auskömmliche Finanzierung des Betriebes dieser für jüngere und ältere Menschen notwendigen Infrastruktur durch klares politisches Handeln gesichert wird.

Weil Nähe zählt

Dieser Gedanke des Malteser Orden ist nicht falsch, ganz im Gegenteil. Wir wissen dies alle. Wer aber unter Ausschaltung der öffentlichen Parlamente, des Stadtrates und des Kreistages, so verfährt, der muss sich den Vorwurf der Ignoranz und der Selbstherrlichkeit durchaus gefallen lassen.

Wenn es um die Grundlage/die Grundbedürfnisse des Lebens unserer Menschen geht, dann gehören diese Institutionen in die Hände der politischen Vertreter und diese haben meiner Überzeugung nach die Aufgabe, die darin enthaltene Verantwortung auch wahrzunehmen. Dieser stille Verkauf ist damit auch ein Beispiel für eine an den gewählten Vertretern vorbei betriebene „Machtausübung“. Wird es nicht Zeit, dass diese Vorgehensweise für die Zukunft ausgeschlossen wird?

Es ist aber auch die Gelegenheit an dieser Stelle der Mannschaft unseres Krankenhauses, besonders dem medizinischen Personal, gerade in dieser Zeit für ihr Engagement, für ihre Einsatzbereitschaft im Namen vieler zu danken.

Roland Dantz

Oberbürgermeister

02.12.2021

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